Es ist leider wieder passiert.
Der Rat der Stadt betritt erneut extrem dünnes Eis und verbrennt mangels objektiver rechtlicher Expertise weiterhin leichtfertig Steuergelder.
Bereits jetzt dürften die Kosten , die zur Vorbereitung des Bplanes 89 aufgewendet werden mussten, in die Hunderttausende Euro gehen. Eine genaue Kostenaufstellung wird nachgeliefert.
Die mediale Vorarbeit für diesen neuerlichen Anlauf sollten anscheinend tendenziöse Leserbriefe leisten, von denen besonders der des ehemaligen Stadtdirektors Thüer an Peinlichkeit kaum zu überbieten ist.
Gerade von ihm als Ex- Stadtdirektor durfte man erwarten , dass er als Beteiligter und Mitverantwortlicher an der derzeitigen Situation die Rechtslage hätte sauber einordnen können.
Stattdessen spricht er von „ unverdientem Glück für den Kläger vor Gericht“ und verschweigt dabei, zumindest fahrlässig, dass die Stadt Esens und deren damaliger Rechtsbeistand Prof. Dr. Stüer nicht nur wissentlich gegen geltendes Recht verstoßen , sondern sogar das OVG Lüneburg unverfroren belogen hatten.
Eine detaillierte Kommentierung seines Leserbriefes würde an dieser Stelle zu weit führen, außerdem bietet er dafür auch zu wenig fachliche Substanz.
Getaugt hat er bestenfalls dazu, ob gewollt oder nicht, die öffentliche Meinung gegen den Grundstückseigner negativ zu beeinflussen und Gesprächsstoff für Stammtischpolitiker zu liefern.
Unter den Schlagzeilen „Eine Garantie kann Ihnen keiner geben“ und „Rat beschließt neuen B-Plan“ berichtet der „Anzeiger“ am 19.04.2018 über das denkwürdige Ereignis.
Danach äußerte allein das Ratmitglied Dave Münster von der EBI erhebliche …. durchaus berechtigte ….Bedenken , wobei er sich wohl u.a. auch auf die Einwände von Naturschutzverbänden ( BUND, NABU) bezog.
Diese Bedenken versuchte der Rechtsberater der Stadt Dr. Gellermann zu entkräften und unterstrich seine Ausführungen mit der Aussage, er „sehe keine Gründe für eine rechtliche Beanstandung“
Wenn er sich da nur nicht täuscht !!!
Auch seine Auslegung, „ es handele sich nicht um eine Heilung , sondern um ein neues Verfahren aufgrund einer geänderten Rechtslage“, erscheint uns doch sehr grenzwertig, eher sogar gewagt.
Umso mehr , als die von Herrn Gellermann u.a. zitierte LSG 25 II des Landkreises Wittmund vom Dortmunder Landeigentümer beklagt wird und diese Klage bereits beim OVG Lüneburg rechtsanhängig ist …..mit u.E. extrem guten Erfolgsaussichten für den Kläger.
Nach unserer festen Überzeugung wird die Schutzgebietsausweisung wegen vieler rechtlicher Mängel keinen Bestand haben .
Den beeindruckendsten Beitrag zum Thema allerdings lieferte lt. „ Anzeiger“ , wie so häufig , der Fraktionssprecher der SPD, Fokko Saathoff : „ Die Bevölkerung vor Ort und bundesweit nimmt den Lösungsversuch der Stadt sehr ernst.........“
Ja, was sonst... die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland hat diesem historischen „Lösungsversuch“ unserer kleinen, aber so sehr gebeutelten Stadt seit Jahren entgegen gefiebert. Vermutlich wurde „bundesweit“ dafür gebetet, dass der Rat eine kluge Entscheidung treffen möge.
Nicht auszudenken, wenn Deutschland erfahren muss, dass es wieder einmal beim Versuch geblieben ist.
Aber der Nation sei jetzt schon verkündet: es besteht kein Grund zur Sorge und kein Anlass in einem solchen Fall den Kopf hängen zu lassen, dann gäbe es halt den nächsten Lösungsversuch.
Wahrlich, so sehen fundierte Fachbeiträge aus !
Zustimmen können wir dem Stadtdirektor, wenn er betont, dass keiner eine Garantie für einen Erfolg des „Lösungsversuchs“ geben könne.
Nicht bestätigen können wir allerdings seine Behauptung, dass der B-Plan die Vorgaben des OVG Lüneburg sowie des Bundesverwaltungsgerichtes (BVG) Leipzig erfüllt habe.
Das Gegenteil ist eher der Fall.
Die Straße kann u.E. nach dem Urteil des BVG vom 27.03.2014 auf gar keinen Fall mehr nachträglich legalisiert werden, weil u.a. die in ihrem zeitlichen Ablauf explizit vorgeschriebenen planungsrechtlichen Schritte nicht eingehalten wurden und nach Fertigstellung der Straße folgerichtig auch nicht mehr nachgeholt werden können.
1. Schutzgebietsausweisung mit Festlegung der Erhaltungsziele ,
2. Umweltverträglichkeitsprüfung mit ggfs. einer Abweichungsprüfung,
3. danach Planungsgenehmigung ( Satzungsbeschluss) ,
4. erst danach Planvollzug, heißt Baubeginn.
Da die Entlastungsstraße bereits gebaut ist, können natürlich die strengen planungsrechtlichen Vorgaben durch den neuen B-Plan 89 nicht mehr erfüllt werden.
Auf dieses juristische Faktum hat die Stadt (Rechtsbeistand ) u.a. in der Abwägung im Rahmen der „frühzeitigen und öffentlichen Auslegung eingegangenen Stellungnahmen (Beteiligungsverfahren) wie folgt erwidert :
„Die unter Einbeziehung der aktuellen Judikatur der europäischen und nationalen Gerichtsbarkeit ( insbesondere EuGh, Urt. v. 26.07, C196/ 16 EECLI: EU: C: 2017:589 Rn.37.ff; BverwG, Urt. v. 15.07.2016, 9c 3/16, jurs Rn.51 ff ; Urt.1.7.2017, 9C 2016, juris Rn. 30) durchgeführte Prüfung hat keinen Ansatzpunkt erbracht, der eine Abweichung von dem bisher eingenommenen Rechtsstandpunkt rechtfertigte“
So viel zitierte Rechtsquellen nötigen einem zunächst einmal gehörig Respekt ab und man ist leicht geneigt , dem Verfasser solch dezidierter Rechtskenntnisse zu glauben..
Bei näherer Betrachtung allerdings wird deutlich, dass die genannten Urteile keinesfalls den neuen B-Plan rechtlich stützen , das Gegenteil ist wohl eher der Fall.
Zwar lässt die Rn .37 des EuGH Urteils vom 26.07.2016 zu, dass das Unionsrecht nationalen Vorschriften nicht entgegen steht, die in bestimmten Fällen die Legalisierung unionsrechtswidriger Vorgänge und Handlungen zulassen.
Aber:
Nur eine Rn. Nr. weiter führt dasselbe Gericht in der Rn. Nr.38 aus :
„ Der Gerichtshof hat klargestellt, dass eine solche Möglichkeit der Legalisierung nur eingeräumt werden darf, wenn sie den Betroffenen keine Gelegenheit bietet, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden, und somit die Ausnahme bleibt“
Hat die Stadt diese unmissverständliche Aussage des EuGH übersehen ?
Kaum vorstellbar!
Zur Rechtfertigung des B-Planes Nr.89 bezieht sich die Stadt ( Rechtsbeistand) des weiteren auf das Urteil vom 15.07.2016 ( Urteil zur Waldschlösschenbrücke Dresden ).
Dabei übersieht der Esenser Rechtsbeistand allerdings wesentliche Abweichungen / Unterschiede zur Rechtslage der Bensersieler Entlastungsstraße.
Im Fall der Waldschlösschenbrücke handelte es sich um ein Planfeststellungsverfahren ( Verwaltungsakt) mit der nach nationalem Recht gestatteten Möglichkeit einer nachträglichen Fehlerheilung. Diese Möglichkeit hat das BVG im Fall der Entlastungsstraße , die aufgrund einer Satzung ( materiell ein Gesetz) nicht zugelassen.. Beide Rechtsgrundlagen unterscheiden sich fundamental in ihrem Rechtscharakter und der damit einhergehenden Rechtsbehelfe.
Bei der Entscheidung des EUGH vom 14.01.2016 bzw. der Entscheidung des BVG vom 15.07.2016 lag noch kein rechtskräftiges Urteil vor. Das heißt u.a. , dass das Wiederholungsverbot ( wie im Fall der Bensersieler KES) nicht greifen konnte.Mit dem Urteil vom 15.07.2016 wurde das Verfahren nämlich zur Nachbesserung an das untere Gericht zurück verwiesen mit der ausdrücklichen Auflage, eine Nachprüfung unter den erschwerten Bedingungen gem. Art. 3 FFH-Rl durchzuführen.. Im Gegensatz dazu hatte das BVG i.S . des Bplanes Nr. 67 zur KES eine nachträgliche Heilung explizit verneint.
Außerdem, die Baumaßnahme „Waldschlösschenbrücke“ wurde begonnen nach der Meldung des VSG an die EU-Kommission. Im Gegensatz dazu war die Umgehungsstraße Bensersiel zum Zeitpunkt der Meldung an die EU im Oktober 2010 so gut wie fertigestellt.
Nachzulesen in der Meldung der Stadt Esens vom 15.10.2010 an das Bundesverwaltungsgericht (BVG).
Des weiteren beruft sich die Stadt Esens ( Rechtsbeistand ) bei der Aufstellung des B-Planes 89 auf das sogenannte „Radwegeurteil“ vom 01.07.2017 (BVerwG 9 C 2.16 ).
Dieses Urteil als Referenzmodell zur Rechtfertigung eines neuen B-Planes i.S KES heranzuziehen, hieße u.E. Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
In diesem Rechtsstreit ging es um einen Radweg von der Elsterquelle in Tschechien bis in die Leipziger Tieflandbucht, der z.T. durch ein FFH- Gebiet ( Elstertal oberhalb Plauens) führte........ aber sich noch im Ausbau befand.
Ein unbefestigter Radweg war also schon jahrelang vorhanden und auch als solcher genutzt worden.
Zu Beginn des Ausbaus dieses Weges war wegen vermeintlich geringer Bedeutung weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch eine Planaufstellung vorgenommen worden.
Somit lag logischerweise auch zum Baubeginn keine Plangenehmigung vor.
Hinzu kommt, dass auch diesem Rechtsstreit ein Planfeststellungsverfahren zugrunde lag , eine nachträgliche Legalisierung also durchaus noch möglich war.
Und nicht zu übersehen:
Die Auswirkungen auf den Natur- und Vogelschutz durch Radfahren ( zumal schon seit Jahren praktiziert) sind wohl mit Blick auf den in Bensersiel zu erwartenden Kfz-Verkehr in seiner Intensität kaum vergleichbar..
Wir haben nur zwei Punkte herausgegriffen und dargestellt , die u.E. belegen, dass der B-Plan Nr. 89 in einem Rechtsstreit nie und nimmer Rechtskraft bekommen wird.
Es gibt noch sehr viel mehr Fakten, die eine Legalisierung verhindern werden. So steht entgegen anderslautender Behauptungen die Qualifizierung Bensersiels als Nordseeheilbad in keinem kausalen Zusammenhang mit dem Bau der KES.
Auch die Einbeziehung bestimmter Flächen in das Landschaftsschutzgebiet sind mehr als grenzwertig, da sie lt. einem aktuellen Gutachten ornithologisch komplett entwertet und somit als Kompensation untauglich sind.
Auch die Ausgrenzung der östlich gelegenen Flächen, nachweislich IBA Gebiet, ( eingeplantes und bereits gekauftes Bauland ) , die als natürliches "Biotopverbundelement“ zwischen dem Naturschutzgebiet V01- Wattenmeer- und dem Vogelschutzgebiet 63 gelten, muss äußerst kritisch bewertet werden.
Dafür spricht auch, dass diese Flächen in der Vergangenheit bewusst aus jeder ornithologischen Untersuchung heraus gehalten wurden und somit zweifellos zur Zeit als faktisches Vogelschutzgebiet einzustufen sind.
Nach eingehender Prüfung sind wir zu der festen Überzeugung gelangt, dass die Aufstellung des neuen B-Planes erneut ein schwerer und teurer Fehler war.
Das zu erwartende neue Gerichtsverfahren birgt die nicht zu übersehende Gefahr, dass die Verwaltungsgerichte in Anbetracht der zwischenzeitlich festgestellten permanenten Rechtsuntreue der Stadt Esens einen Schlussstrich ziehen und den Abriss der Straße anordnen.
Das wär' s dann wohl gewesen !
Wir sind uns sicher, dass nach wie vor nur eine gütliche Einigung mit dem Eigner der betroffenen Straßentrasse den Konflikt lösen kann.
Jede weitere Verzögerung ist unverantwortlich und erhöht nur die finanziellen Riskien für die Stadt.
Und es besteht eine weitere Gefahr :
Wenn wir in dieser Sache nicht ganz schnell zu einer einvernehmlichen und außergerichtlichen Einigung kommen, könnte es noch schlimmer kommen.
Dann drohen noch ganz andere Szenarien.
Ins Kreuzfeuer könnte geraten der Parkplatz am Deich ( B-Plan Nr. 14 ), der, wie es scheint, ebenfalls auf IBA-Gebiet gebaut worden ist...und nach unserer Kenntnis sogar ohne vorherige Baugenehmigung.
Selbst der Campingplatz und die Parkflächen östlich vom Hafen könnten als ehemalige IBA-Flächen ohne die obligatorischen FFH-Prüfungen gebaut worden sein.
Für o.g. Befürchtungen sprechen uns vorliegende Karten von „Bird Life International“ (Cambridge) und vom NABU .
Alle aus unserer Sicht vorhandenen Bedenken gegen den neuen B-Planes Nr.89 können wir an dieser Stelle natürlich nicht anführen.
Die oben genannten sollten allerdings genügen, unsere Bedenken nachvollziehbar zu begründen.
Unsere strikte Ablehnung soll hiermit ausdrücklich dokumentiert werden, damit für die Zukunft kein falscher Eindruck entsteht, zumal unser Fraktionskollege im Rat der Stadt, Ole Willms, bedauerlicherweise dem B-Plan zugestimmt hat.
Diese Klarstellung erscheint uns umso wichtiger als es um die Verantwortung für die noch nicht absehbaren Folgen und natürlich um vermeidbare Kosten für Gutachten, Anwälte und Gerichte geht, die u.E. auf die Kommune zukommen werden.
Die von der EBI vorgetragenen Bedenken teilen wir und begrüßen ausdrücklich das Abstimmungsverhalten deren Fraktion, die den Bplan Nr.89 ebenfalls abgelehnt hatte..