Entgegen aller warnenden Hinweise hatte der Rat der Stadt in seiner Sitzung vom 26.09 2016 einstimmig die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 89 „ Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“ beschlossen ( in Abwesenheit der beiden Ratsmitglieder Schultz und Nerschbach ).
Sowohl der Stadtdirektor als auch die Ratsmitglieder glaubten scheinbar allen Ernstes (immer noch ) , mit dem inzwischen sage und schreibe 7. Bauleitverfahren die rechtswidrig in ein seinerzeit faktisches Vogelschutzgebiet gebaute Straße nachträglich legalisieren zu können.
Dabei dürfte die Rechtslage für Jeden , der lesen kann, eindeutig sein !
Auch die siebte Auflage eines Bauleitverfahrens wird mit Blick auf die dem Bplan Nr.89 anhaftenden Mängel in einem gerichtlichen Streitfall scheitern und die ohnehin schon beängstigende Situation weiter verschärfen.
Dass die Aufstellung dieses Bebaungsplanes den notleidenden Haushalt der Stadt unnötigerweise zusätzlich mit weiteren Kosten in Höhe von knapp 20.000,- Euro belastet, verkommt ob der offensichtlichen Perspektivlosigkeit dabei nur noch zu einer Randnotiz.
Um nur einige Rechtsmängel von vielen zu benennen:
So verstößt der Bplan 89 nach unserer Bewertung ganz offensichtlich gegen das Wiederholungsverbot des §121 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) . Danach ist es einer Gemeinde untersagt, bei unveränderter Sach- und Rechtslage eine als fehlerhaft ausgeurteilte Satzung nochmals zu erlassen.
Die Annahme der Stadt Esens, durch die nationale Unterschutzstellung des Vogelschutzgebietes und dem damit vollzogenen Regimewechsel sei eine neue Sach- und Rechtslage eingetreten ...und somit eine Normwiederholung zulässig...., dürfte wohl ins Leere laufen.
Bezeichnenderweise spricht sogar der städtische Rechtsberater Dr. Gellermann in seinem Gutachten zur Frage einer möglichen nachträglichen Legalisierung lediglich von einer Veränderung der Rechtslage.
Das korrespondiert mit unserer Bewertung . An der Sachlage hat sich nichts geändert. Bestenfalls hat sich der Erkenntnisgewinn der Beteilgten verändert. Die Straße wurde von Beginn an wissentlich in ein Vogelschutzgebiet gebaut..... das ist eindeutig Fakt.
Unstrittig ist auch, dass die illegale Straße die Ursache der Beeinträchtung ist und somit nach Europäischer Rechtssprechung zurück gebaut werden müsste.
Erst danach dürfte die Schutzgebietsausweisung erfolgen.
Ob überhaupt die fehlerhafte Gebietsabgrenzung die wesentliche Rolle spielen wird in einem künftigen Rechtsverfahren, darf stark bezweifelt werden....obwohl sie letzten Endes wiederum für den illegalen Weiterbestand der Straße von elementarer Bedeutung ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nämlich 2014 in seiner Urteilsbegründung nicht auf die fehlerhafte Schutzgebietsabgrenzung berufen, sondern bereits in seiner Revisionsfrage dargelegt, dass es auf einen anderen Schwerpunkt ankommt .
Das Gericht bezieht sich in der Hauptsache auf die habitatsschutzrechtlichen Verfahrensanforderungen und dabei insbesondere auf die korrekte und unabänderliche Einhaltung der zeitlichen Aufeinanderfolge.
An erster Stelle hat zu erfolgen der Regimewechsel, es folgt dann die nationale Schutzgebietsausweisung mit der Festlegung der Erhaltungsziele. Danach ist eine Umweltveträglichkeitsprüfung durchzuführen . An vierter Stelle stünde dann die Abweichungsprüfung und erst dann dürfte mit der Plangenehmigung und daran anschließend mit dem Planvollzug ( also der Baubeginn) begonnen werden.
Diese gerichtlich angeordnete strikte zeitliche Abfolge ist naturgemäß für die bereits gebaute Straße nicht mehr nachzuholen.
Ausdrücklich erteilt das BVG mit Bezug auf die Rechtsprechung des EuGH einem rückwirkenden Maßstabswechsel bei der Frage der zutreffenden Abgrenzung eines faktischen Vogelschutzgebietes eine deutliche Absage.
Unter Berücksichtigung obiger Ausführungen ist das Erreichen des Schrittes vier, nämlich die Abweichungsprüfung, die u.a. mit dem BPlan Nr. 89 angestrebt werden soll, nach rechlichem Ermessen nahezu unwahrscheinlich.
Hinzu kommt, dass der § 34 des Naturschutzgesetzes, der dafür die Rechtsgrundlage bietet, strenge Ausnahmevoraussetzungen verlangt.
So sind danach gut begründete Alternativen zur Lage der Straße zu prüfen. Insbesondere jedoch müssten „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ dargelegt werden.
Die dafür angeführten Gründe müssten jedoch so gewichtig sein, dass die dadurch beeinträchtigten Integritätsinteressen das Naturschutzes dahinter zurück stehen müssen.
Solche Gründe können wir nicht erkennen.
Die von der Stadt vorgetragene Behauptung, dass ohne die Entlastungsstraße die Aberkennung des Status „Nordseeheilbad“ drohe , ist nach Aktenlage nicht nachvollziehbar.
Weder verlangt die Zuerkennungsurkunde das Vorhandensein der KES, noch liegen aktuelle Gutachten über die Lärmbelästigung vor.
Auch gibt es keine Messungen über Feinstaubbelastungen .
Es gäbe eine Menge weiterer Argumente, weshalb der in Rede stehende Bplan 89 überflüssig wie ein Kropf ist, eher sogar schädlich ...... und wieder scheitern wird.
Das Vorgehen der Stadt Esens provoziert darüber hinaus vorsätzlich den Abbruch der Gespräche mit dem Kläger hinsichtlich eines außergerichtlichen Vergleichs.
Eins steht für uns fest :
Wie schon so oft von uns dargelegt, kann die Straße nur erhalten werden, wenn wir einen Vergleich mit dem Eigentümer und Kläger hinbekommen.
In diesem Vergleich muss vereinbart werden, dass der Kläger alle anhängigen Klagen zurück zieht...und auf eine weitere Klage gegen den jetzt beabsichtigten Bplan 89 verzichtet.
Eine Schlüsselrolle nimmt dabei unstrittig die Klage gegen die Landschaftsschutzgebietsausweisung des Landkreise ein, die nach unserer festen Überzeugung wegen unzähliger rechtlicher Mängel keinen Bestand haben wird.
Diese Schutzgebietsausweisung hat für den Bestand der Straße jedoch eine elementare Bedeutung.
Obwohl dieser Sachverhalt nach einem Gespräch des Rates mit dem Kläger vor einigen Wochen jedem einzelnen Ratsmitglied klar geworden sein sollte, stellen wir schon wieder ein Verhalten fest, dass unweigerlich dazu führen muss, dass der Kläger sich nicht mehr an seine Zusagen gebunden fühlen wird...und das zu Recht.
Um Missverständnissen vorzubeugen:
Auch durch den Vergleich wird die Straße nicht legalisiert.....ob mit oder ohne den Bplan 89.
Lediglich wird der Kläger aus dem Spiel genommen ...nach dem Motto : Wo kein Kläger, da kein Richter !
Geschieht das nicht, wird der Kläger auch gegen den neu aufgestellten ( aber sinnlosen) Bplan 89 klagen.
Und damit ginge alles wieder von vorne los......
Ein letztes , aber ernstes Wort :
Wir , als kleine Gruppe im Rat können uns den Mund fusselig reden. Die Ratsmehrheit lässt jede Kritik an sich abprallen und bleibt selbst bei sachlich und juristisch nachgewiesener Mängel oder bei Einwänden gegen absehbare Fehlentscheidungen unbeeindruckt.
Das zwingt uns dazu, um weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden , einen anderen Weg zur Durchsetzung von dringend erforderlichen Veränderungen zu beschreiten.
Wie nötig das ist, zeigt auch ein aktueller Vorgang zum Thema Touristik, bei dem es um einen Vertragsentwurf zur Ausgliederung von einem Teibereich der Nordseetherme auf einen privaten Interssenten geht.
Wir werden über den Vorgang kurzfristig in einem Beitrag auf dieser Seite im Detail berichten.