Um den Vorgang zu verstehen, muss man diesen im Zusammenhang sehen mit dem Schwarzbau der kommunalen Entlastungsstraße, dem m. E. untauglichen und mit massiven Fehlern behafteten Versuch einer Neuabgrenzung des Vogelschutzgebietes sowie der am 20. Februar 2016 veröffentlichten Bekanntmachung des Landkreises , „das Landschaftsschutzgebiet 25 II , Ostfriesische Seemarschen zwischen Norden und Esens im Bereich Bensersiel, Samtgemeinde Esens, Landkreis Wittmund “ neu auszuweisen.
Ein Blick zurück:
Nach dem Willen der Landesregierung sollte nach den verlorenen Rechtsstreiten und der Rückübereignung der zu Unrecht entzogenen Landflächen an den Eigentümer das Vogelschutzgebiet in der Umgebung Bensersiels um rund 27 ha Fläche erweitert werden.
Diese sollten dann vom Land der EU in Brüssel als Vogelschutzgebiet nachgemeldet werden, mit der Absicht und in der Hoffnung, damit die fehlerhaften Gebietsgrenzen zu korrigieren.
In völliger Verkennung der Rechtslage und und schon eher lächerlich naiv war allerdings die Annahme des Nds. Umweltministers , durch die schlichte Erweiterung des EU-Vogelschutzgebietes V63 in der Umgebung von Bensersiel um 27 Hektar Fläche, den Rückbau der Umgehungsstraße verhindern zu wollen.
Der strenge Sanktionscharakter der Vogelschutzrichtlinie verbietet ein solches Vorgehen, wie das BVerwG umfassend begründet hat. Denn die ausgewiesenen Flächen sind weder auf ihre Kompensationsfähigkeit untersucht worden...., was nach der gefestigten Rechtsauffassung des EuGH vor dem Straßenbau hätte zwingend geschehen müssen.... noch sind sie tatsächlich zur Kompensation geeignet;
Im Gegenteil:
Aus den eigenen, im Anhörungsverfahren von der NLWKN ( Landesbehörde ) vorgelegten Datenunterlagen geht hervor, dass die vom Umweltminister ausgewählten Flächen westlich und südlich von Bensersiel ….die aktuell den in Rede stehenden Bebauungsplan Nr.19 betreffen !!!! ...... aus ornithologischen Gründen und wegen der straßenbaubedingten Biodiversitätsschäden gerade nicht als Ausgleichsflächen für die wertbestimmenden und abgrenzungsrelevanten Vogelarten geeignet sind, weil sie von den relevanten Arten nicht " in einem zumindest durchschnittlichem Umfang genutzt werden" (Nds.OVG vom 10.4.2013 ).
Wenn die Kompensationsflächen unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten Sinn machen sollen, dann doch wohl nur, wenn sie auch die konkret beeinträchtigten Erhaltungsziele angemessen kompensieren.
Genau dieses Ziel kann aber durch Flächen, die nicht anhand der an den Erhaltungszielen gemessenen ornithologischen Kriterien ausgewählt worden sind, nicht erreicht werden.
In dem Kompensationsvorschlag des Umweltministers liegt m. E. ein weiterer eklatanter Rechtsverstoß , weil die zukünftigen Baulandflächen der Stadt Esens, die aufgrund ornithologischer Kriterien zur Kompensation für den Straßenbau geeignet sind und nach den Kriterien der EU-Kommission zwingend in ein EU-Vogelschutzgebiet einzubeziehen sind , nicht in das EU-VSG einbezogen worden sind.
Denn bei Ausgleichsmaßnahmen kommt es nicht nur auf die Größe der ausgewiesenen Flächen - wie z.B. im vorliegenden Fall 27 ha - an, sondern entscheidend ist allein die ornithologische Qualität.
Dazu sagt die europäische Rechtsprechung, dass grundsätzlich alle Flächen, die ornithologisch geeignet sind, ungeachtet ihrer Größe und ungeachtet anderer bereits gemeldeter Teilflächen in der näheren Umgebung zwingend einzubeziehen sind.
Das Land Niedersachsen kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass es westlich und südlich von Bensersiel die Aufnahme zusätzlicher Flächen in das Schutzgebiet vorgesehen hat und daher der "Ausweisung" der zukünftigen Baulandflächen der Stadt Esens "enthoben wäre" (EuGH vom 23.3.2006 ) !
So viel zu der simplen Nachmeldung von „Ersatzflächen“ und deren jetzige Auswirkungen auf die weitere Entwicklung Bensersiels.
Es würde zu weit führen, alle Rechtsverstöße in der Neuabgrenzung aufzulisten, ich beschränke mich auf die für den Stopp des Bplan Nr. 19 relevanten Fehlplanungen.
Siehe hierzu auch meine Beiträge vom 20. Februar 2016, vom 01. Juli 2014 , vom 92. Juni 2014 sowie diverse weitere Bewertungen der juristischen Situation um die Entlastungsstraße.
Immer wieder hatte ich davor gewarnt, dass ohne eine außergerichtliche und gütliche Vereinbarung mit dem Grundstückseigentümer u. a. eine künftige infrastrukturelle Weiterentwicklung Bensersiels stark gefährdet , wenn nicht sogar ausgeschlossen sei....ganz abgesehen von dem hohen finanziellen Schaden , den die verantwortlichen Politiker der Stadt ohnehin schon zugefügt haben.
So wurden u.a. entgegen aller nachvollziehbaren und sachlich begründeten Warnungen in der Neuabgrenzung des Vogelschutzgebietes ...wie oben geschildert.. am südlichen und westlichen Ortsrand Flächen einbezogen, die nach dem Straßenbau als Vogelschutzgebiet völlig entwertet und durch die bestehende Entlastungsstraße (als zukünftige L5) vom Vogelschutzgebiet getrennt und abgeschnitten sind.
Hinzu kommt, dass die einbezogenen Flächen im Durchschnitt nur eine Tiefe von
200 m aufweisen und nach den Bestandskarten der Nds. Vogelschutzwarte pro Quadratmeter deutlich weniger genutzt werden als die Flächen östlich von Bensersiel.
Die Folge :
Nach dem derzeitigen Sachstand ist eine Weiterwicklung Bensersiels in westlicher sowie südlicher Richtung über die vorhandene Ausdehnung hinaus nicht mehr möglich....und das gleiche Schicksal wird nach meiner festen Überzeugung dem Ort auch in östlicher Richtung blühen.
Zurück zum betroffenen Bebauungsplan Nr. 19 und der Frage , wie es nun weitergehen könnte.
Am Zuge ist nun der Landkreis, der zuständig ist für den Erlass der angekündigten Landschaftsschutzverordnung.
Der LK hat die Gretchenfrage zu beantworten, ob das in der öffentlichen Bekanntmachung vom 20.02. 2016 dargestellte Landschaftsschutzgebiet identisch ist mit der von der Landesregierung vorgenommenen Neuabgrenzung.
Kurz:
Werden die neu aufgenommenen Kompensationsflächen südlich und westlich Bensersiels auch in der beabsichtigten Landschaftsschutzverordnung als Vogelschutzgebiet ausgewiesen ?
Von der Beantwortung dieser Frage ist das weitere Procedere für das Bauvorhaben in Bensersiel abhängig.
Ein letzter Satz :
Wie ich wiederholt und ausführlich im Laufe der letzten Monate , eher Jahre, dargestellt habe, ist nach meiner Bewertung die Neuabgrenzung des Vogelschutzgebietes an vielen Stellen rechtswidrig und fehlerhaft... so auch nachweislich und begründbar am westlichen Ortsrand.
Eine rechtskonforme Korrektur dürfte also nicht schwerfallen.
Meine Empfehlung:
Eine unvoreingenommene Überarbeitung der untauglichen Neuabgrenzung unter Beachtung der richterlichen und gesetzlichen Vorgaben ....notfalls auch über die noch zu erstellende Landschaftsschutzverordnung....andernfalls wird unsere Stadt Opfer der eigenen Trickserei.