Der Rechtsstreit um freien Strandzutritt zwischen der BI „Freie Bürger für freie Strände“ und der Gemeinde Wangerland hat jetzt auch Esens - Bensersiel erreicht.
So hat sich der Vorsitzende der Bürgerinitiative Janto Just mit einem Brief ( ohne Datum ) vor einigen Tagen an den Rat der Stadt Esens gewandt mit der Bitte ( eher Aufforderung ),
„ab sofort auf das Kassieren von Strandgebühr zu verzichten und Zäune, die keine berechtigten Schutzzwecke erfüllen, abzubauen.“
Herr Just möchte , dass sein Schreiben als Beschwerde / Anregung gem . § 34 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes ( NKomVG ) zu behandeln sei.
Darf er das als Bürger der Gemeinde Schortens, also Nicht- Esenser ?
Der Aufschrei einiger Ratsmitglieder ( wie üblich mit Magenschmerzen statt mit rechtlichen Bezügen begründet), der Beschwerdeführer wohne doch gar nicht in Esens und somit habe er auch keinen Anspruch auf Behandlung seiner Eingabe, ist natürlich ( wieder einmal, möchte man sagen ) unberechtigt und lässt auf Unkenntnis der Rechtslage schließen.
Tatsächlich sieht das NKomVG vor, dass jeder Person das Recht zusteht - unabhängig davon, ob sie in der Kommune wohnt oder sich überhaupt in ihr aufhält, ob natürliche oder juristische Person - sich mit Anregungen und Beschwerden an die Vertretung zu wenden.
Besondere Voraussetzungen, z.B. eine rechtliche oder tatsächliche Betroffenheit müssen für die Annahme einer Beschwerde oder Anregung nicht erfüllt sein.
Was ist dran am Begehren der BI und wie stellt sich zur Zeit die Rechtslage dar ?
Die Kritik an der Erhebung von Gebühren für den Strandspaziergang ist so alt wie es die systematische Einzäunung von Strandabschnitten bzw. ganzer Strände gibt...und dies überwiegend auf Grund wirtschaftlicher Erwägungen.
Für diese Verhaltensweisen gibt es zweifelsohne gute und auch nachvollziehbare Gründe.
Es stellt sich also nur die Frage :
Ist das Kassieren für den Zutritt eingezäunter ( Strand-) Flächen auch rechtskonform ?
Dieser Frage gehen die „Freien Bürger“ jetzt mit Nachdruck auf den Grund.
Sie vertreten seit längerer Zeit den vermuteten Anspruch, das Betreten des Strandes in der Gemeinde Wangerland.... und jetzt scheinbar für die gesamte Nordseeküste..... sei für Jedermann entgeltfrei sicher zu stellen.....aber bislang ohne Erfolg.
Da ihrem Begehren nicht statt gegeben wurde, haben sie eine entsprechende Klage vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg erhoben und begründen diese mit dem „öffentlich-rechtlich gewährleisteten freien Zugang zum Meeresstrand“.
Die rechtliche Würdigung dieses behaupteten Anspruches ist zur Zeit noch uneinheitlich und zum Teil auch kontrovers.
Für die Beurteilung des Sachverhaltes sind im Wesentlichen folgende Rechtsvorschriften zu beachten:
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG )
Niedersächsisches Naturschutzgesetz ( NNatG )
Niedersächsisches Waldgesetz ( NWaldLG )
Niedersächsisches Straßengesetz (NStrG )
Wasserhaushaltsgesetz (WHG ) und natürlich das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz ( NKAG ).
Wie immer gibt es natürlich bei der Auslegung von Gesetzen und Vorschriften unterschiedliche Meinungen.
Während eine in der Angelegenheit beauftragte Anwaltskanzlei mit beachtlicher Reputation nach Abwägung aller zu berücksichtigenden Rechtsgrundlagen letztendlich zu dem Ergebnis kommt, dass die Erhebung einer Gebühr rechtswidrig und somit auch nicht zulässig sei, kommt eine zweite nicht minder qualifizierte Fachanwaltskanzlei in ihrer rechtlichen Bewertung des strittigen Sachverhalts in wesentlichen Gesichtspunkten zu anderen Ergebnissen.
Die juristische Fachwelt ist also in dieser Frage zur Zeit noch uneins.
So kommt es z. B. bei der Frage , ob ein Strand als öffentlich - rechtlich gewidmeter Weg zu betrachten sei, im Augenblick noch zu unterschiedlichen und zum Teil sogar gegensätzlichen Auslegungen.
Auch stellt sich die bisher noch nicht rechtsverbindlich geklärte Frage, ob es sich bei dem vom Träger ...in unserem Fall des Tourismusbetriebes Esens-Bensersiel – TEB......hergerichteten und gepflegten Strand um eine „öffentliche Einrichtung“ im Sinne des § 30 des NKomVG handelt, die der Allgemeinheit nicht zwangsläufig unentgeltlich zum freien Gebrauch zur Verfügung zu stellen wäre.
Es gibt darüber hinaus weitere strittige Punkte, die juristisch abzuklären sind .
Der Übersichtlichkeit wegen , möchte ich an dieser Stelle auf eine weitere Aufzählung verzichten.
Fakt ist, die Angelegenheit ist zur Zeit rechtsanhängig beim VG Oldenburg .
Interessant ist allerdings die Aufforderung des Gerichtes an die Gemeinde Wangerland , dem VG mitzuteilen, auf Grund welcher Rechtsgrundlage sie den Strandeintritt erhebt.
„Diese Rechtsgrundlage ist bisher von Ihnen nicht benannt“, so das Gericht , und stellt weiterhin fest : „ und auch nicht offensichtlich . Die Kläger berufen sich auf den öffentlich – rechtlich gewährleisteten freien Zugang zum Meeresstrand. Dieser Anspruch ist bisher nicht bestritten, dafür bedarf es jedoch einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung“.
Befürworter des freien Strandzutrittes könnten aus der zitierten Formulierung eine positive Tendenz herleiten.
Meines Erachten jedoch sollten alle beteiligten Parteien zunächst weiterhin den Ball flach halten und somit weder einerseits aufkeimende Hoffnungen schüren noch andererseits berechtigte Sorgen der touristischen Leistungsträger unnötig verschärfen.
Uns bleibt zur Zeit nur, den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens abzuwarten oder aber darauf zu setzten, dass das Land Niedersachsen eine klare gesetzliche Regelung, die allen Interessenlagen gerecht wird , zustande bringt.
Das Land Schleswig - Holstein hat es vorgemacht...also kann es doch gar nicht so schwer sein, auch für Niedersachsen eine für die gesamte Nordseeküste gleichermaßen geltende Rechtsgrundlage zu schaffen.
Das würde ...was wünschenswert wäre... für alle Nordseebäder im Wettstreit untereinander zu gleichen und somit fairen Wettbewerbsbedingungen führen.