Was war passiert ?
Nach der Kommunalwahl 2011 zogen neue und - zum Leidwesen der „alten Garde“ im Stadtrat - auch kritische Mitglieder in den Rat ein.
Diese wurden bei ihren Recherchen zu verschiedenen Sachthemen auf einen äußerst merkwürdigen Vorgang aufmerksam.
So hatte der Verwaltungsausschuss (VA) am 03.07.2006 – natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit - beschlossen, dass einem Esenser Hotel exklusiv ein Sonderbonus eingeräumt worden war hinsichtlich der Anwendung der bestehenden Kurbeitragssatzung.
Das bedeutete in der Konsequenz, dass dieses Hotel – als einziges in der ganzen Samtgemeinde - für Busreisegruppen nur ein Drittel des festgesetzten Kurbeitragssatzes zu entrichten hatte.
Als Begründung für diese unverständliche und nicht nachvollziehbare Entscheidung wurde die Konkurrenzsituation des Hotels zu Mitbewerbern in Middels, Aurich und Wiesmoor herangezogen .
Diese Regelung verstieß in mehreren Aspekten eindeutig gegen die Rechtslage, selbst der Rat der Stadt wurde damals in dem Verfahren übergangen.
Auf Druck der Fraktion der EBI und unserer Gruppe wurde der Beschluss des VA aus 2006 aufgehoben und mit Ablauf des Jahres 2012 die rechtswidrige Bevorzugung des Hotels außer Kraft gesetzt.
Bis dahin hatte sich jedoch der Schaden für den ohnehin schon defizitären Kurverein auf 21.381,50 Euro summiert.
Mit der Beendigung der anrüchigen Vorzugsbehandlung für das Hotel war für unsere Gruppe der Vorgang allerdings noch nicht abgeschlossen.
Wir drängten auf einen Schadensausgleich, siehe auch unseren Beitrag aus Oktober 2013 „ Schreiben an den Landkreis“.
Nach mehreren kontrovers geführten Debatten in den Fachausschüssen und entsprechenden mündlichen und schriftlichen Darstellungen unserer rechtlichen Bewertung des Vorganges hat sich der Landrat mit Datum 29.01.2014 letztmalig schriftlich geäußert.
Ich zitiere aus diesem Schreiben:
„Die Kommunalaufsicht ist der Ansicht, dass der in im Jahre 2006 gefasste Beschluss des Verwaltungsausschusses in dieser Angelegenheit politisch motiviert und als „Wirtschaftsförderung“ für den Esenser Hotelier gedacht war.
Aus diesem Grunde sind die in der Zeit von 2007 bis 2012 nicht realisierten Kurbeitragseinnahmen von den Busreisenden in Höhe von 21.381,50 EUR dem Kurverein Esens-Bensersiel zur Verfügung zu stellen. Wenn dies dadurch schon erledigt wurde, dass während dieser Zeit dem Kurverein Verluste in Höhe von 1.172.000 EUR ausgeglichen wurden ( die ja ansonsten in Höhe von 21.381, 50 EUR niedriger ausgefallen wären) ist das nicht zu beanstanden.“
Eine wahrhaft interessante und äußerst kreative juristische Auslegung des Gesetzesverstoßes.
Wäre da statt der nebulösen Formulierung ein klares Wort nicht angebracht gewesen , ob denn dem Esenser Bürger dieser „Ausgleich“ zugemutet werden darf....ist die Abwicklung des Schadens über Steuergelder etwa auch nicht zu „beanstanden“ ?
Der verwunderte und erstaunte Bürger muss da in seinem Zweifel übrigens gar nicht die gesamte Rechtsprechung bemühen, es genügt ein kurzer Blick in das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NkomVG) .
Der § 10 einschließlich der Erläuterungen legt sich da deutlich und unmissverständlich fest :
„Satzungen sind objektives Recht, Gesetze im materiellen Sinne und binden innerhalb ihres Geltungsbereiches jedermann, auch die Kommune selbst, derenVerwaltung also keine Inzident-Verwerfungskompetenz hat....Satzungen können nur durch Satzungen aufgehoben werden .“
Von dieser eindeutigen Rechtslage können auch noch so phantasievolle und nachgeschobene Rechtfertigungsversuche nicht ablenken.
Fest steht, der VA- Beschluss verstieß - ohne wenn und aber - gegen die eigene Satzung und somit gegen das NkomVG.
Da hilft auch nicht eine nachträgliche Rechtfertigung des Rechtsverstoßes mit poltischen Motiven.
Es stellt sich - nicht nur mir - berechtigterweise die Frage, warum der Rat in Kenntnis der Rechtslage der Beschlussvorlage gefolgt ist
Nach meiner Bewertung hat der Rat mit dieser Entscheidung eindeutig gegen geltendes Recht verstoßen.
Ich verweise auf den § 54 NKomVG
Damit nehmen die gewählten Vertreter unserer Bürger darüber hinaus billigend in Kauf, dass die Gemeinde Esens , also jeder ehrliche Esenser Steuerzahler , für den Schaden aufkommen muss...zugunsten eines Einzelnen.
Bei dieser Entwicklung hätte ich auch erwartet, dass der betroffene Hotelier, selbst Ratsmitglied und an dem Abend anwesend, charakterliche Größe gezeigt hätte.
Da ohne jeden Zweifel feststeht, dass er zu Unrecht über Jahre finanzielle Vorteile gegenüber allen anderen Gewerbetreibenden in Esens gezogen hat, sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dem Bürger diesen angerichteten Schaden zu erstatten...und nicht die Allgemeinheit dafür zur Kasse zu bitten.
Das sollte umso mehr gelten, als genau dieses Ratsmitglied noch vor einigen Tagen in der örtlichen Presse den Anspruch der Bevölkerung auf Transparenz unterstrichen und „ Kungelei hinter den Kulissen“ vehement kritisiert hat.