Unweigerlich kam die Frage auf, wie kann man gerade diesen gewaltigen Kostenfaktor weg bekommen. Gedankenspiele machten die Runde, von normalem Betrieb (weiter so wie bisher!) zu Saisonbetrieb (in welchem Zeitraum soll das statt finden?) bis hin zur kompletten Schließung für ein Jahr und anschließender Verpachtung (Outsourcing).
Zugegeben, ich als neuer Ratsherr, war im ersten Augenblick versucht zu sagen, eine temporäre Schließung wäre am Sinnvollsten, um auch der Tarifstreitgeschichte ein konsequentes Ende zu bereiten.
Allerdings beruhte meine Einstellung nur auf dem wenigen Infomaterial, das ich von Seiten der Verwaltung und des Geschäftsführers Herrn Schmitz bisher erhalten hatte.
Zu den mir am Anfang bekannten Zahlen:
In 2018 hatte die Nordseetherme Ausgaben von 1,630 Millionen Euro, TEB & GmbH zusammen ein Jahresergebnis von ca. -119.000 Euro.
Im ersten Moment sind diese Summen sehr niederschmetternd und veranlassen jeden normal denkenden Menschen dazu, drüber nach zu denken, wie kann man diese enormen Kosten senken und das Jahresergebnis dadurch wieder in einen positiven Bereich lenken.
Der Jahresabschlussbericht der Kommuna - Treuhand GmbH bei der letzten Betriebsausschusssitzung am 18. September 2019 verschaffte mehr Klarheit.
Die Betrachtung der Entwicklung der letzten Jahre zeichnete ein ganz anderes Bild.
Die Jahresergebnisse von TEB & Tourismus GmbH
2018 |
2017 |
2016 |
2015 |
- 119.000 Euro |
- 296.000 Euro |
- 314.000 Euro |
- 559.000 Euro |
Die Kosten der Nordseetherme
2018 |
2017 |
2016 |
2015 |
1.630 Mil. Euro |
1,276 Mil. Euro |
1,226 Mil. Euro |
1,384 Mil. Euro |
Fazit zu den nackten Zahlen:
Es ist deutlich eine Verbesserung der Jahresergebnisse zu erkennen, ein positives Ergebnis dürfte evtl. sogar schon in 2019 zu erwarten sein, wenn nicht irgend etwas dramatisches dazwischen kommt.
Was dafür spricht, ist, dass die Thermenkosten in 2018 im Vergleich zu den Vorjahren ein Ausreißer waren. Woran es gelegen hat, dass die Kosten zwischen 250.000 und 400.000 Euro höher lagen als in den Vorjahren, hat sich inzwischen auch aufgeklärt. Meine Vermutung ging im ersten Moment dahin, dass in 2018 noch einige umfangreichere Arbeiten notwendig waren. Herr Schmitz bestätigte mir dies und führte außerdem den guten Sommer mit an, welcher dazu führte, dass es in der Therme zu deutlich weniger Einnahmen kam. Dieses Defizit wurde jedoch in anderen Geschäftsbereichen durch dementsprechende Mehreinnahmen ausgeglichen.
Erzählen kann man vieles...
aber um sich ein Bild zu machen, muss man einfach einmal selbst vor Ort gewesen sein!
Mein Ratskollege Ole Willms und ich wollten uns nicht mehr auf die Aussagen verlassen, die im Rat und den Ausschüssen von Verwaltung und Geschäftsführer getroffen wurden und hatten deshalb mit der 'Bereichsleiterin Nordseetherme' Frau Hoffmann einen Termin für eine Besichtigung der Nordseetherme für den 26.9.2019 vereinbart.
Zusammen mit Herrn Ovie wurde uns wirklich alles in der Therme und auch im Therapiezentrum gezeigt.
Der Gästebereich der Therme dürfte ja so ziemlich jedem in Esens / Bensersiel bekannt sein.
Interessant wurde es für uns, als wir in den technischen Bereich kamen.
Es war für uns ein faszinierendes Erlebnis, einmal zu Gesicht zu bekommen, welche umfangreiche Technik zum Betrieb eines Schwimmbades gehört. Kilometer an Leitungen und Kabeln, Pumpen und Filteranlagen und vieles mehr... .
Um so erstaunter waren wir, als wir den Zustand der Technik genauer begutachteten.
Der gesamte Technikbereich war sehr ordentlich. Ich persönlich hatte vermutet, dass gerade im Technikkeller hier und dort einige Wasserpfützen vorzufinden wären auf Grund tropfender Leitungen oder poröser Dichtungen an den Pumpen. Dies war nirgends der Fall.
Leitungen, Pumpen, die Beckenwände... alles war in einem sehr guten Zustand.
Uns wurde beim Rundgang erklärt, dass für die gesamte Technik Wartungsverträge bestehen, was in den Jahren vor der großen Thermensanierung noch nicht der Fall war.
Worauf wir auch von Frau Hoffmann und Herrn Ovie hin gewiesen wurden, war, dass (leider) erst seit letztem Jahr die Technik vollständig auf diesem guten Stand ist und das Solebecken während der letztjährigen Schließzeit komplett neu beschichtet wurde, was dann auch einen Großteil dieser Ausreißerkosten von 350.000 Euro in 2018 im Vergleich zum Vorjahr 2017 erklärte und die Aussage von Herrn Schmitz bestätigte.
Ich möchte noch ein wenig mehr zu der Technik erwähnen:
Neben der voll funktionsfähigen Schwimmbad-Technik im Keller gibt es in einem separaten Raum eine komplett automatisierte Anlage für die Einspeisung von Chemikalien wie Chlor usw. wo permanent die Wasserwerte registriert werden und dann dementsprechend für Ausgleich gesorgt wird, damit die Wasserqualität immer den besten Wert hat.
Die stärke der Pumpen für die große Rutsche sind jetzt endlich regulierbar. Früher gab es nur die Möglichkeit zwischen 100% und 'Aus'.
Die Heizungsanlage, ein BHKW, ist auf einem neuen Stand und ist vom Energieversorger gemietet. Bei einem Ausfall kümmert sich dieser sofort darum und tauscht die Anlage bei Notwendigkeit, spätestens nach 15 Jahren, von selbst aus.
Was noch ansteht:
Neben den normalen Wartungsarbeiten, die so eine große Anlage nun einmal mit sich bringt, stehen noch zwei Maßnahmen an, von denen eine sehr dringlich ist und in der nächsten Schließzeit erledigt werden muss.
Die erste ist der Fußboden im Barfußbereich, insbesondere im Saunabereich. Der grobkörnige Sandfußboden ist in den Augen des Gesundheitsamtes schwer zu reinigen und daher eine ideale Brutstätte für Keime und Bakterien. Auch die Thermenmitarbeiter haben uns gegenüber bestätigt, dass dieser Fußboden für ein Schwimmbad ungeeignet ist und dringend ausgewechselt werden muss. Auf unsere Nachfrage, warum dieser Fußboden bei der großen Thermensanierung wieder eingebaut wurde, teilte man uns mit, dass der Architekt Herr Seele darauf bestanden hätte, dass dieser Boden wieder eingebaut werden soll, trotz aller Warnungen vom Gesundheitsamt und auch den Fachleuten der Therme.
Natürlich bzw. leider kommen wir nicht drum herum, den Fußboden im gesamten Barfußbereich austauschen zu müssen. Ein entsprechendes Angebot soll der Stadt bzw. dem Geschäftsführer Herr Schmitz bereits vor liegen.
Die zweite Maßnahme betrifft den Brandschutz.
Bei der Begehung erklärte uns Herr Ovie, dass der Brandschutz noch eine Schutztür im Aufgang zum Rutschen-Bereich fordert, welche während der nächsten Schließzeit ebenfalls eingebaut werden soll.
Was weitere Brandschutzmaßnahmen betrifft, so müssen wir auf das aktuelle Gutachten warten, welches vor 2 Monaten in Auftrag gegeben wurde.
Fazit der Besichtigung:
Ich möchte mich erst einmal bei Frau Hoffmann und Herrn Ovie recht herzlich bedanken, dass sie mir und meinem Ratskollegen die Therme so ausführlich gezeigt haben. Wir waren beide sehr beeindruckt von Ihrem Engagement für die Therme. Sie sind wirklich mit Herz dabei. Auch bei den anderen Mitarbeitern, die wir vor Ort antrafen, hatten wir den Eindruck, dass sie mit Leib und Seele in der Therme tätig sind.
Für mich und das BZE steht folgendes fest:
Eine Schließung, Teil-Schließung oder Outsourcing kommt nicht in Frage!!!
Eine Schließung ändert nichts daran, dass die Therme trotzdem laufen muss, sonst geht die Technik nur kaputt. Die laufenden Kosten blieben bestehen.
Eine Teilschließung / Saisonbetrieb kommt auch nicht in Frage. Wann soll man denn schließen und für wie lange?
Im Sommer? Ein Tag schlechtes Wetter, und die Gäste wollen in die Therme!
Im Winter? Sollen die Besucher dann nach Neuharlingersiel oder Aurich fahren?
Outsourcing, also eine Verpachtung an einen Externen, wäre ebenfalls Unsinn. Zum einen würde man ihn Bezuschussen müssen im Bereich der Personalkosten, zum anderen würde man ihm eine voll funktionstüchtige Anlage zur Verfügung stellen, für die WIR ALLE sehr viel bezahlt haben.
Am Ende wird von einem möglichen Pächter nur Geld raus gezogen und nichts investiert. Nach 10 Jahren bekämen wir eine Therme zurück, die wir wieder komplett sanieren müssten.
Nein, danke!
Wie soll´s weiter gehen?
Die Therme ist in einem guten Zustand, das Personal ist mit Herzblut dabei.
Trotzdem haben wir immer noch die Tarif-Problematik.
Es wäre Wünschenswert, wenn die Mitarbeiter, die im TEB beschäftigt und nach TVöD eingruppiert sind, von sich aus in die GmbH wechseln würden. Zugegeben, es wäre eine leichte Verschlechterung in der Bezahlung, aber es würde dazu führen, dass die vorhandenen Arbeitsplätze eine höhere Sicherheit für die Zukunft erhalten.