Rückblick zum besseren Verständnis:
Im Jahr 2004 hatte der Rat der Stadt Esens beschlossen, eine Entlastungs-/Umgehungsstraße für den Ort Bensersiel zu bauen und einen entsprechenden Satzungsbeschluss zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr.67 gefasst.
Dagegen hat der Eigentümer Kühn einen Normenkontrollantrag vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg gestellt, der mit Datum 22.05.2008 abgewiesen wurde.
Gegen diese Klageabweisung hat der Eigentümer Revision beim Bundesverwaltungsgericht (BVG) Leipzig eingelegt.
Dieses Revisionsverfahren ist seit dem vor dem BVG rechtsanhängig.
In einer mündlichen Verhandlung am 27.03.2014 soll darüber entschieden werden.
Um der Gefahr eines möglichen Scheiterns vor dem BVG zuvor zu kommen, hatte der Rechtsbeistand der Stadt Esens seinerzeit dem Rat empfohlen, das Revisionsverfahren nicht weiter zu betreiben und stattdessen einen neuen Bebauungsplan , nämlich den Bplan 72, zu beschließen.
Dieser Bplan Nr. 72 wurde am 10. 04. 2013 vom OVG Lüneburg für rechtsungültig erklärt.
Die Beschwerde wurde nicht zugelassen.
Die auf Empfehlung des Rechtsbeistandes erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat das BVG erwartungsgemäß und folgerichtig abgewiesen.
Das bedeutet für die Stadt Esens, dass die Entlastungsstraße rechtswidrig gebaut und es zurzeit für den Fortbestand der Straße keine Rechtsgrundlage gibt.
Einzig verbleibende Möglichkeit zum Erhalt der Straße wäre der noch anhängige Bplan 67.
Den Schlüssel dazu liefert der Beschluss des OVG im Eilverfahren vom 19.04.2010 (Nr.3) , in dem es heißt, dass „im Falle des Scheiterns des Bplanes 72 der ursprüngliche Bebauungsplan Nr.67 wieder an dessen Stelle treten soll “.
Einer Problemlösung mit Hilfe eines außergerichtlichen Vergleiches liegt folgender Lösungsansatz zugrunde.
Der Kläger nimmt seine Revision zurück oder erklärt die Hauptsache für erledigt und verzichtet auf eine Kostenentscheidung.
Mit der Rücknahme der Revision würde das erstinstanzliche Urteil des Niedersächsischen OVG vom 22.05.2008 rechtskräftig und somit gäbe es für die Entlastungsstraße eine rechtliche Grundlage.
Der Bplan Nr.67 wäre rückwirkend ab Beschlussfassung ( 2004/ 2005) rechtskräftig und die Stadt hätte „ex tunc“ ( von Anfang an) im Beteiligungsverfahren zur Abgrenzung des Vogelschutzgebietes in den Jahren 2006/2007 einen rechtskräftigen und gültigen Bebauungsplan vorgelegt.
Zwar hat das OVG in seinem Beschluss zum Bplan 72 am 10.04 2013 festgestellt, dass dieser fehlerhaft und sachwidrig zustande gekommen sei, jedoch hat diese Bewertung nach meiner Einschätzung keinerlei Auswirkung auf die Rechtsgültigkeit des Bplanes 67.
Nach der Rechtsprechung des BVG ist für die Wirksamkeit eines Bebauungsplanes allein die Rechtslage zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses entscheidend ( BVG vom 01.04.2004-4C2.03, Rn.27).
Das würde bedeuten, dass weder der Bplan 67 selbst noch die durch ihn vorgenommene Grenzziehung angreifbar oder veränderbar wären.
Diesen Schluss lassen auch nachstehend aufgeführte Rechtsbezüge zu.
Mit Schreiben vom 27.03.2013 teilt das Niedersächsische Umweltministerium dem OVG Lüneburg zur Abgrenzung des EU-Vogelschutzgebietes V63 u.a. folgendes mit: „ Die Aussparung von Bereichen bei der Meldung von Natura 2000-Gebieten , für die ein rechtsgültiger Bebauungsplan, ein Planfeststellungsbeschluss oder eine Bodenabbaugenehmigung vorliegt, entspricht ständiger Praxis der für die Gebietsauswahl zuständigen Länder und hat nicht zu Beanstandungen durch die EU- Kommission geführt“.
Zur Frage , ob die derzeitige Grenze des Vogelschutzgebietes aufgehoben werden müsste, hat das BVG am 12.06.2008 folgenden Leitsatz formuliert:
„ Jedenfalls nach Aufnahme eines Gebietes in die Liste der FFH_Gebiete durch die EU-Kommission ist sowohl eine Klage, mit der begehrt wird, festzustellen, dass der Beschluss einer Landesregierung, ein Gebiet zur Aufnahme in diese Liste vorzuschlagen, rechtswidrig ist, als auch eine Klage, mit der verlangt wird, das Land zur Rücknahme seines Vorschlages zu verurteilen, unzulässig.“
Die Gebietsabgrenzung zum Vogelschutzgebiet V63 wurde in die Liste der EU Kommission aufgenommen und im Niedersächsischen Ministerialblatt Nr. 35 am 28.07.2009 bekannt gemacht....und dürfte somit rechtsverbindlich sein.
Ein weiterer Hinweis:
Auch das OVG hat in seiner Begründung zum Bplan 72 am 10.04.2013 ausdrücklich auf den oben geschilderten Sachverhalt Bezug genommen und ausgeführt: ....dass ein rechtsgültiger Bebauungsplan im Abgrenzungsverfahren eben nicht vorgelegen habe“.
Dies würde aber nach einer Revisionsrücknahme „ex tunc“ der Fall sein und der gerügte Rechtsmangel wäre somit geheilt.
Bei Würdigung obiger Darstellung komme ich zu dem Schluss, dass eine künftige bauliche Nutzung der zur Debatte stehenden Fläche sehr wahrscheinlich rechtlich zulässig sein wird, zumal im Übrigen alle Rechtsbehelfsfristen abgelaufen sind.... und das seit Jahren.
Die Übernahme des verbleibenden Minimalrisikos kann, nach meiner Überzeugung seitens des Rates verantwortet werden , zumal die Risiken bei einem Nichtzustandekommen des beabsichtigten Vergleiches um ein Vielfaches größer sein würden.
Ich habe mehrfach die absehbaren rechtlichen und finanziellen Folgen für die Bürger unserer Stadt aufgezeigt und allen Ratsmitgliedern sogar schriftlich dargestellt.
Dass sich dennoch Ratsmitglieder leichtfertig über die immensen Risiken hinweg setzten und den Vergleich unterlaufen und ablehnen, ist schier unglaublich.
Dass sogar Mitglieder des Rates , die uns erst durch zweifelhafte Aktionen in der Vergangenheit in die derzeitige Looser- Position gebracht haben , einer Beendigung des jahrelangen Rechtsstreites nicht zustimmen wollen, erschließt sich, oberflächlich betrachtet, zunächst einmal keinem verständigen Menschen
Ich zweifle inzwischen an deren ernsthaftem Willen, „reinen Tisch“ zu machen, um endlich Rechtssicherheit in der Angelegenheit zu bekommen , damit wir uns anderen und nicht minder brennenden Problemen widmen könnten.
In einem weiteren Beitrag werde ich die künftig auf uns alle zukommenden Risiken aufzählen, die seitens einiger Stadtpolitiker sehenden Auges provoziert werden.
Ich sehe es kommen :
Am 27. März 2014 werden wir nahezu zehn Millionen Euro verschleudert und nicht mal eine Umgehungsstraße als Gegenwert haben.
Auf die Reaktion der davon scheinbar unbeeindruckten „Hardliner“ darf man gespannt sein.
Und die Bevölkerung muss schonungslos aufgeklärt werden....es darf nichts mehr beschönigt werden ...und schon gar nicht „hinter den Kulissen“---wie der Ratsherr Kröger in der Presse die Marschrichtung vorgegeben hatte.