Die verblüffenden Ausführungen des Umweltjuristen zu der in der Sache ergangenen Rechtsprechung, sowohl des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg (OVG) als auch des Bundesverwaltungsgerichtes (BVG) Leipzig, lassen den Schluss zu, dass er die Urteile nur selektiv gelesen haben kann.
Wenn er allen Ernstes der nachträglichen Legalisierung der Straße per Neuabgrenzung das Wort redet, empfehle ich ihm die Randnotizen der betreffenden Urteile des OVG und BVG sorgfältig studieren. Sie lassen m. E. keinen Zweifel an der Unzulässigkeit eines solchen Vorhabens zu.
Dr. Meyerholt hat meines Erachtens verkannt, dass im Fall der rechtswidrig gebauten Straße nicht das bundesdeutsche Bau- und Umweltrecht, sondern vielmehr europäisches Naturschutzrecht anzuwenden ist.
Nachzulesen im Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.03.2014 ( Az: 4 CN 3.13)
In aller Deutlichkeit führt das Gericht in seiner Begründung u.a. aus , dass bei der Durchführung von Vorhaben in einem Vogelschutzgebiet streng reglementierte Schritte einzuhalten sind.
Diese sind in der FFH- Richtlinie näher präzisiert und in der vorgegebenen Reihenfolge einzuhalten ( Ausweisung eines Vogelschutzgebietes, Umweltverträglichkeitsprüfung, ggfs. Abweichungsprüfung, u.U. Prüfung ob „überwiegende Gemeinwohlbelange“ vorliegen.
Bei letzter ist das Bundesnaturschutzgesetz, hier § 34 Abs. 3 mit zu berücksichtigen.
Auch vermisse ich einen Hinweis des Juristen auf das aktuelle Urteil des EuGH vom14. Januar 2016 zur Waldschlösschenbrücke Dresden , um für Klarheit in der derzeitigen Rechtslage zu sorgen.
Diese Urteil ist m. E. unzweifelhaft übertragbar auf die Esenser Situation.
In der Urteilsbegründung wird u.a. unmissverständlich klar gestellt, dass eine nachträgliche Verträglichkeitsprüfung den Kriterien der FFH – Richtlinie, Art. 6 Abs.3 entsprechen muss.
Danach seien u.a. bei einer solchen Prüfung „ alle zum Zeitpunkt dieser Leistung vorliegenden Umstände und alle danach durch die teilweise oder vollständige Ausführung dieses Planes oder Projekts eingetretenen oder möglicherweise eintretenden Auswirkungen auf das Gebiet zu berücksichtigen“.
Damit steht m.E. eindeutig und zweifelsfrei fest, dass die vorhandene Straße nicht einfach ignoriert werden darf ( wie in der vorliegenden Landschaftsschutzverordnung des Landkreises geschehen ) und dass für die Bewertung der Neuabgrenzung aktuelle Datenbestände zu Grunde zu legen sind ... ....und nicht Daten aus der Zeit vor dem Straßenbau herangezogen werden dürfen....wie ebenfalls geschehen.
Und noch etwas :
Seit Jahren wird hartnäckig ausgeblendet, dass von Beginn an allen Verantwortlichen die Rechtswidrigkeit des beabsichtigten Straßenbaus bekannt war.
Bereits im Scoping – Termin am 17.11. 2009 hatte der Wattenrat Manfred Knake den Landkreis, die Stadt Esens und das Planungsbüro darauf hingewiesen, dass das vorgesehene Baugebiet in einem faktischen Vogelschutzgebiet liege und dass auf jeden Fall vor Beginn der Baumaßnahme eine FFH- Verträglichkeitsprüfung durchzuführen sei.
Dieser Hinweis auf die damalige Rechtslage wurde von allen Beteiligten vorsätzlich ignoriert, auch von dem anwesenden Rechtsbeistand der Stadt , Professor Dr. Stüer.
Grund für die Rechtsbeugung im Schulterschluss dürfte die Terminnot gewesen sein im Hinblick auf die in Aussicht gestellten Fördermittel des Landes in Höhe von fünf Millionen Euro.