Touristikbetrieb Esens-Bensersiel
Dem Kurverein Esens-Bensersiel drohte nach Jahren der Misswirtschaft und Fehlern im Management ( Vorstand ) spätestens seit 2012 die Insolvenz.
Die über Jahre, eher Jahrzehnte, praktizierte Bezuschussung sowie Übernahme von Bürgschaften durch die Stadt Esens hatte ein Ausmaß erreicht, dass nicht mehr vertretbar war.
Seit Jahren hatten wir die bestehende Konstellation, nämlich die enge Verquickung zwischen dem gemeinnützigen Verein nach Privatrecht und der Kommune als öffentliche Gebietskörperschaft , als ungeeignet, ja sogar als juristisch äußerst
grenzwertig kritisiert.
So wurde der Vorstand in der Vergangenheit von sechs „entsandten“ Ratsherren, davon vier Vertreter der SPD und zwei Vertreter der CDU , dominiert .
Man konnte letztendlich nicht mehr unterscheiden, wer wessen Interessen wahrnahm und , falls erforderlich, auch unter Vernachlässigung betriebswirtschaftlicher Zwänge, mit politischem Druck durchsetzte.
Erst gezielte Nachfragen und beharrliche Recherchen unserer Gruppe förderten unhaltbare Zustände zutage, die auch der Landkreis als Kommunalaufsicht , nachdem er davon erfahren hatte, nicht mehr hinnehmen wollte und durfte.
Um die drohende Insolvenz abzuwenden, wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die Alternativen untersuchen sollte, um den für unsere Kommune so wichtigen Tourismus vor weiterem Schaden zu bewahren.
Den letzten Ausschlag hatten die überbordenden Kosten der Sanierung der Nordseetherme in Bensersiel gegeben.
Diese vom ehemaligen Stadtdirektor Thüer moderierte Gruppe, die aus dem Vorstand des Kurvereins ,dessen Beirat sowie Vertretern aller Fraktionen/ Gruppen im Stadtrat bestand, befasste sich in der Hauptsache mit der Frage der Rechtsform einer potentiellen Nachfolgeorganisation .
Da sich aufgrund der immer lauter werdenden Kritik an der Kostenentwicklung der Sanierung der Therme sowie am Krisenmanagement viele für die Misere Verantwortliche in die Enge getrieben sahen, wurde die Angelegenheit gegen meinen Widerstand der Arbeitsgruppe entzogen und in den Verwaltungsausschuss verlagert.
Dort bewegten sich die verantwortlichen Ratsvertreter wieder auf gewohntem Parkett.... hinter verschlossenen Türen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Erwähnenswert:
Dass sogar die EBI diesen Schachzug aktiv beförderte, hat uns denn doch überrascht, zumal gerade sie während des Wahlkampfes das Wort Transparenz schon fast über Gebühr strapaziert hatte.
Um von den Fehlern der Vergangenheit und von dem vielseitigen Ruf nach Übernahme der Verantwortung abzulenken, musste eine schnelle Entscheidung her.
Unter Missachtung aller begründeten und sachlich berechtigter Einwände entschied die Ratsmehrheit sich für den bequemsten Weg, die Gründung eines Eigenbetriebes der Stadt ...mein Vorschlag, den Wirtschaftsbetrieb des KV in die sehr viel flexiblere und auch kostengünstigere Rechtsform einer GmbH überzuleiten, wurde mit Mehrheitsbeschluss verworfen.
Den Beschluss zur Bildung des Eigenbetriebes mit Wirkung zum 01.01.2014 fasste der Rat der Stadt am 30.September 2013 .
Somit war die Rechtsgrundlage geschaffen für den seit Jahresbeginn existierenden Touristikbetrieb Esens-Bensersiel.
Sämtliche Verbindlichkeiten des de facto insolventen Kurvereins gingen auf die Bürger der Stadt über , sie hatten also ab dem 01. Januar 2014 als Einstieg in das neue Jahr 14,3 Millionen Euro Schulden mehr zu schultern.
Hinzu kam ein weiterer Saisonkredit in Höhe einer Million €.
Damit nicht genug.
Dass der Übergang entsprechend unserer Warnungen überhastet und verfrüht stattfand, zeigte sich eindrucksvoll in den folgenden Monaten.
Die völlig aus dem Ruder gelaufene Sanierung der Therme ließ die Stadt nicht zur Ruhe kommen.
Rechtsstreite mit Firmen, Verträge mit sieben externen Beratungsunternehmen und Anwaltskanzleien sowie gerichtliche Auseinandersetzungen mit dem eigenen Architekten sorgten noch nach der Übernahme des wirtschaftlichen Bereichs des KV für Überraschungen , natürlich negativer Natur und mit weiteren finanziellen Belastungen für die Kommune.
Die ursprünglich mit Kosten von fünf Millionen Euro veranschlagte Instandsetzung der Therme hatte zwischenzeitlich locker die acht - Millionen – Marke überschritten.
Eine finale Abschlussrechnung liegt bis zum heutigen Tag immer noch nicht vor.
Entgegen permanenter anderslautender Aussagen seitens der Verwaltung , musste natürlich das vorhandene Personal des Kurvereins über die sogenannte Angleichungspflicht gem. der Niedersächsischen Kommunalverfassung mit Wirkung vom 01.Januar 2014 in den Geltungsbereich des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst (TVöD ) überführt werden.
Bislang hat noch keinerlei Eingruppierung stattgefunden, u.a. auch, weil die Beschäftigten als Folge des „Betriebsüberganges“ gem. § 613 a BGB ein Jahr lang Anspruch auf Vergütungszahlung in bisheriger Höhe haben ( Besitzstandswahrung).
Das hat leider dazu geführt, dass bislang dringend erforderliche vorbereitende Maßnahmen nicht angefasst wurden.
Es fehlen noch wesentliche Rahmenbedingungen, wie z.B. die Erarbeitung einer künftigen Struktur, Optimierung von Betriebsabläufen , Aufstellen eines Organisations- und Stellenplanes und - von elementarer Bedeutung - Schulung des Führungspersonals des TEB auf dem Gebiet des Öffentlichen Arbeitsrechtes.
Fest steht, dass ab 01.Januar 2015 alle Beschäftigten gem. TVöD und der bis dahin hoffentlich vorliegenden Entgeltordnung für die Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber ( VKA) in die entsprechenden Entgeltgruppen eingruppiert werden müssen.
Welche Kostenbelastung damit auf den Eigenbetrieb, d.h. die Stadt, zukommen wird, lässt sich zur Zeit nur erahnen, wenn man betrachtet , zu welchen Kostensteigerungen allein dieTarifabschlüsse 2014/ 2015 im öffentlichen Dienst , die zum 1. März diesen Jahres rückwirkend in Kraft treten, führen werden.
Zur Zeit lässt die Stadt durch eine externe Firma eine „Stellenbeschreibung“ durchführen...aus meiner Sicht eine völlig ungeeignete Vorgehensweise, darüber hinaus mit unnötigen und vermeidbaren Mehrkosten verbunden .
Noch in diesem Jahr muss mit der erforderlichen Eingruppierung der Beschäftigten begonnen werden, sofern denn bis dahin die noch ausstehende Entgeltordnung VKA vereinbart und in Kraft gesetzt wäre.
Sollte die Entgeltordnung VKA nicht zeitgerecht verabschiedet werden, wäre ersatzweise die Entgeltordnung des Bundes anwendbar, da nach dem zwischen den Gewerkschaften und der VKA vereinbarten Grundlagenpapier „die Eingruppierung der Beschäftigten grundsätzlich auf Bundesebene geregelt wird“ .
Aus meiner Sicht rechtswidrig, zumindest aber äußerst grenzwertig , ist die zur Zeit über den Abschluss eines Haustarifvertrages vereinbarte Ausgrenzung der Mitarbeiter von der betrieblichen Altersvorsorge gem. Altersvorsorge-Tarifvertrag - Kommunal ( ATV-K ).
Diese vertragliche Regelung zum Nachteil der Beschäftigten verstößt nicht nur gegen das Gleichbehandlungsgebot ( alle anderen bei der SG Esens beschäftigten Mitarbeiter kommen in den Genuss der Altersvorsorge), sondern auch gegen die Bestimmung des § 25 TVöD.
Ich zitiere: „Die Beschäftigten haben Anspruch auf Zusatzversorgung nach Maßgabe des TV über die betriebliche Altersvorsorge der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung – ATV).“
Dieser Verpflichtung wird sich der Eigenbetrieb nicht auf Dauer entziehen können und zeitnah die Mitarbeiter in die tarifvertraglich zugesicherte Altersvorsorge einbeziehen müssen.
Das wiederum würde eine weitere immense dauerhafte finanzielle Mehrbelastung für den TEB bedeuten.
Die Umlage beträgt zur Zeit 7, 87 % des Zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (VBL-Brutto) .
Davon hat der Arbeitgeber 6.45 % zu tragen, der Arbeitnehmer 1,42 %.
Unter Berücksichtigung aller Umstände kann man davon ausgehen, dass der Transfer der Beschäftigten des alten Kurvereins in den öffentlichen Dienst im Vergleich gegenüber einer Verwendung in einer privatwirtschaftlichen GmbH entschieden teurer werden wird.
Das ist mit Mehrkosten verbunden über die prognostizierten Planwerte hinaus ...und das bei einer ohnehin kaum noch tragbaren Verschuldung.
Bisher hat sich am Betrieb des TEB im Vergleich zum alten KV nichts wesentliches verändert, was bedeuten würde, dass nicht nur ein Schuldenabbau illusorisch ist, im Gegenteil..... die finanziellen Belastungen werden sich weiter erhöhen.
Also nur ein Austausch des Türschildes ? Ansonsten weiter wie bisher , auch weiter mir den gleichen Personen , die uns den Schlamassel beschert haben ?
Was muss dringend passieren ?
Der Eigenbetrieb muss auf ausreichende Effizienz überprüft werden, eingefahrene Strukturen und Betriebsabläufe müssen untersucht und ggfs. optimiert werden.
Des weiteren sollte der Baubetriebshof des TEB im Kontext mit dem Bauhof der Samtgemeinde auf den Prüfstand.
Da die Stadt Esens ohnehin schon den Löwenanteil der Personal - und Betriebskosten des Samtgemeinde Bauhofes trägt, muss über eine kostengünstigere Lösung nachgedacht werden.
Es stellt sich die Frage, ob der SG- Bauhof überhaupt noch einer kritischen Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit standhält, zumal einzelne Mitgliedsgemeinden zwischenzeitlich eigene Bauhöfe eingerichtet haben, wohl um Kosten zu sparen...... aus Sicht der Mitgliedsgemeinden verständlich und nachvollziehbar.
Zusammenlegung, Privatisierung oder auch Auflösung mit der möglichen Folge eines Abschlusses von Rahmenverträgen mit ortsansässigen Firmen ( sogenannte Hausmeisterverträge)....kein Gedankenansatz darf tabu sein.
Ich vermute allein in diesem Bereich ein sattes Einsparpotential.
Einen weiteren Ansatzpunkt zur Kosteneinsparung dürfte das derzeitige Marketing bieten.
Die Struktur muss verschlankt und das Stadtmarketing ( Angestellter Oldewurtel) in das bestehende des TEB eingegliedert werden.
Diese Neustruktur bietet dann gleichzeitig die Möglichkeit, das jetzige Arbeitsverhältnis des Stadtmanagers zu ordnen und ihn endlich tarifgerecht nach dem TVöD einzugruppieren.
Die Vermarktung unserer Stadt muss weiter optimiert werden, wobei allerdings nach meiner Bewertung ein Konsens mit unseren Nachbargemeinden Neuharlingersiel und Werdum gesucht werden muss.
Auf keinen Fall dürfen innerhalb einer Samtgemeinde konkurrierende Strategien verfolgt werden oder auch Parallelaktivitäten zu unnötigen Reibungsverlusten oder auch zu überflüssigen Kosten führen.
Ein kleiner Lichtblick und Hoffnungsschimmer
In der letzten Sitzung des Betriebsausschusses am 13.Mai 2014 hat der Geschäftsführer achtzehn Kostenstellen vorgestellt, die möglicherweise das Potential für Einsparungen in nicht unerheblichem Umfang bieten könnten.
Das ist erfreulich und ein richtiger Schritt , zumal die Einnahmeseite durch kürzlich erfolgte Erhöhungen der Kurbeiträge und des Fremdenverkehrsbeitrages ausgereizt sein dürfte.
Soweit ein grober Abriss zum Sachstand .
Fest steht, dass wir mit dem Eigenbetrieb Neuland betreten haben und es noch großer Anstrengungen bedarf, bis der Touristikbetrieb wirklich in allen Bereichen „rund läuft“...hoffentlich !!
Ich werde weiter berichten.